Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit
Ref. VIII B 2 - Herr Gottschlich
Sehr geehrter Herr Theisen,
zu Ihren verschiedenen Schreiben zum "Schornsteinfegermonopol"
an mehrere Adressaten im Bereich des Bundes erhalten Sie das anliegende
Antwortschreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrage
Gottschlich
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Beigefügtes Dokument:
Beseitigung des „Schornsteinfegermonopols"
Schreiben vom 18. November 2002 an Herrn Bundeskanzler Dr. Gerhard
Schröder
Sehr geehrter Herr Theisen,
Für Ihr Schreiben vom 18. November 2002 danke ich Ihnen. Ich stimme
Ihnen im Grundsatz zu, dass Monopole gleich welcher Art in aller Regel
negative Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft haben. Es gibt
nur ganz wenige Ausnahmen, die solche Marktstrukturen rechtfertigen. Sie
können nach meiner Auffassung nur erlaubt werden, wenn zwingende
öffentliche Aufgaben anders nicht oder nur mit erheblichen
zusätzlichen Kosten erbracht werden können.
Wie Sie wissen ist das Schornsteinfegerwesen in der Bundesrepublik
Deutschland durch ein eigenes, ausschließlich auf diesen Beruf
bezogenes Gesetz besonders gestaltet worden. Dieses Gesetz und seine
Auswirkungen in der Praxis werden fortlaufend beobachtet und wenn
notwendig den Anforderungen der Zeit angemessen angepasst. Die
Diskussion über die Beseitigung des Schornsteinfegermonopols ist nicht
neu; sie wird von uns ernst genommen.
Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, dass dem Schornsteinfegerberuf
öffentliche Aufgaben im Rahmen der Feuersicherheit übertragen worden
sind. Der Bezirksschornsteinfegermeister wird staatlich bestellt. Seine
Tätigkeit umfasst die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in den
Bereichen Feuerstättenschau, Bauabnahme und Immissionsschutz sowie die
der rationellen Energieverwendung. Namentlich die öffentliche
Brandvorsorge als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit stellt eine
hoheitliche Aufgabe dar. Darüber hinaus ist die Tätigkeit des
Bezirksschornsteinfegermeisters nicht nur aufgrund der Natur der
erfassten Aufgaben als Ausübung öffentlicher Gewalt zu erachten. Auch
die dem Bezirksschornsteinfegermeister zur Wahrnehmung seiner Aufgaben
durch das Schornsteinfegergesetz verliehenen Befugnisse kennzeichnen die
Hoheitlichkeit seiner Tätigkeit. Hervorzuheben ist u. a. das Recht zum
Betreten von Grundstücken und Räumen (vgl. § 1 Abs. 3
Schornsteinfegergesetz). Durch dieses Betretungsrecht wird das
Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) beschränkt.
Dieses Recht, dem auf Seiten des Bürgers eine gem. § 50 SchfG
bußgeldbewährte Pflicht zur Zugangsgewährung gegenübersteht,
verleiht der Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters
Eingriffsqualität und ist daher als Ausübung öffentlicher Gewalt i.
S. d. Art. 45 EG zu qualifizieren.
Der Gesetzgeber rechtfertigt aus zwingenden Gründen des
Allgemeininteresses die Einrichtung des gebietsbezogenen
Ausschließlichkeitsrechts. Sie dient der Gewährleistung der
Feuersicherheit (Betriebs- und Brandsicherheit) für die Allgemeinheit
und damit dem Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter vor Beschädigungen
oder Zerstörungen durch Feuer. Hierbei handelt es sich unzweifelhaft um
schützenswerte Allgemeininteressen.
Die Einrichtung fester Kehrbezirke im gesamten Bundesgebiet dient der
effektiven Kontrolle der den Eigentümern von Gründstücken und Räumen
gem. § 1 Abs. 1 SchfG obliegenden Pflicht, die betreffenden Anlagen
fristgerecht reinigen und überprüfen zu lassen. Durch die Einrichtung
der festen Kehrbezirke ist es möglich, dem jeweils für einen
bestimmten Kehrbezirk staatlich bestellten
Bezirksschornsteinfegermeister die Verantwortung für die
ordnungsgemäße Durchführung der von ihm zu erledigenden Kehr-,
Überprüfungs- und Messarbeiten zu übertragen. Diese umfassende
Kontrollfunktion kann jedoch nur wahrgenommen werden, wenn durch
Kehrbezirke festgelegt ist, welche Räume und Grundstücke jeweils in
den Verantwortungsbereich eines Schornsteinfegers fallen. Hierdurch wird
die erforderliche Transparenz geschaffen.
Bedenken Sie bitte zudem, dass bei Aufhebung der festen Kehrbezirke der
Staat eine Verwaltung aufbauen müsste, die lückenlos registriert,
wann, von wem und mit welchem Erfolg die durch Rechtsverordnungen
vorgeschriebenen Reinigungs-, Überprüfungs- und Messarbeiten
durchgeführt wurden. Damit wären weitere staatliche Regulierungen
notwendig, die ebenfalls einschränken würden.
Hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Überwachung von
Feuerungsanlagen ist das gebietsbezogene Ausschließlichkeitsrecht
erforderlich, um einen bundesweit flächendeckenden Immissionsschutz zu
gewährleisten. Auf diese Weise sollten die Aufgabenbereiche Wartung und
Überwachung von Anlagen klar voneinander getrennt werden. Die
Übertragung der Messung auf einen neutralen „Dritten" hat sich
in umwelt- und energiepolitischer Hinsicht bewährt.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Schornsteinsteinfegerwesen
bislang gemeinschaftsrechtlich nicht harmonisiert ist und daher
weiterhin der Regelungskompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten
unterliegt. Sie werden aber bestimmt aus der Presse in diesen Tagen von
der Entscheidung der EU-Kommission gehört haben, nach der die
traditionelle Aufteilung der Bundesrepublik in Kehrbezirke nicht die
europäischen Wettbewerbsregeln verletzt. Zwar gebe es in einem
Kehrbezirk keine Konkurrenz zwischen mehreren Schornsteinfegern, dies
sei laut EU-Vertrag aber – so die Kommission - erlaubt. Verboten ist
nach Angaben der Generaldirektion Wettbewerb nur der Missbrauch einer
beherrschenden Stellung. Davon könne jedoch nicht gesprochen werden. Es
sei nicht nachzuweisen, dass die Gebühren in Deutschland unangemessen
hoch seien. Die Kommission will nach eigenen Angaben aber noch prüfen,
ob das Gebietsmonopol möglicherweise gegen die Niederlassungsfreiheit
in der EU verstößt.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Gottschlich
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